Sonntag, 13. Mai 2007

HELMUT SCHMIDT hält in Tübingen die 7. WELTETHOS-REDE; Phoenix überträgt.

Im Hintergrund die breiten Basspfeifen der Orgel des Universitäts-Festsaals: Sakrales Fundament. Davor ein kleiner Tisch auf großer Bühne, daran zwei Personen: Theologische Welt-Kompetenz in persona Hans Küngs, der dünn vor den Orgelpfeifen und schmächtig neben Schmidt hockt. Schmidt ist nur Laie -- aber was für einer. Er redet schleppend sein erhabenes norddeutsches Pathos, es wabert in den Saal, aus dem TV. Trifft mich unvorbereitet am Kopf.

Thema GOTT: HErr...je. Vor sechs Jahren, meine Damen und Herren, haben in New York ein paar Personen im Glauben an GOTT dreitausend Menschen -- und sich selbst -- vom Leben zum Tode gebracht. Schon vor zweieinhalbtausend Jahren, meine Damen und Herren, wurde Sokrates zum Tode verurteilt: wegen GOTTlosigkeit.
Also gleich der Bruch!, gleich klarstellen: Ich mache hier keine Zugeständnisse an die Religion, auch nicht, wenn mein guter und geschätzter Freund Theologe Hans Küng neben mir seinen Platz hat!
Nach allem, was wir über Sokrates und auch Konfuzius wissen, haben sie ihre ethischen Prinzipien ganz ohne einen GOTT-Bezug entwickelt. Natürlich mussten sie den spirituellen Bedingungen ihrer Zeit Rechnung tragen und haben in ihren Werken das eine oder andere Lippenbekenntnis formuliert. Aber im Grunde findet sich weder in der hellenistischen Morallehre Sokrates' noch im geistigen Ursprung des Reichs der Mitte ein Bezug auf einen oder mehrere Götter. Ja. Und diese geschichtliche Erkenntnis zeigt uns also... dass Moral und Ethik keineswegs immer eines religiösen Fundaments bedarf, sondern auch allein aus vernünftigen Überlegungen hervorgehen kann. Wie wir anhand dieser beiden Denker sehen können, die heute noch Leuchttürme für Abermillionen Menschen sind.

VERNUNFT ist ein erschlagendes Wort, immer und immer wieder von SCHMIDT in Sätze gepackt: RATIO---AUFKLÄRUNG---GEWISSEN!.
Ich glaube: Manch ein Wurstling glaubt nicht mal an die Vernunft, genauso wenig wie er an Schokoeis mit Sahne glaubt. Das glaubt ihm dann wieder keiner, dass er an gar nichts glaubt. Er glaubt ja auch keinem, dass sie ihm nicht glauben, dass er nicht...: Und was gefällt, was verlockt an dem würdevollen Selbstgespräch des unterkühlten Schmidts, ist nicht nur die Ratio, sondern auch die implizite Relativierung aller seiner Aussagen. Alles begründet, nachvollziehbar zwar; aber nichts absolut, nichts allgültig, nichts mit Anspruch auf Letztendlichkeit. Kein Verlangen nach kollektiver Wahrheit, nur nach persönlicher Erkenntnis. Das passt sehr gut in unser Gedankenschema, da wir die Erkennbarkeit der objektiven Welt abstreiten!
Was alle eint, die Muslime mit den Christen mit den Agnostikern mit den Freidenkern, ist ihr Gewissen. Das kann nicht ernsthaft bestritten werden, dass jeder von uns ein Gewissen besitzt. Wir alle haben schon gegen unser Gewissen gehandelt und mussten mit unserem schlechten Gewissen weiterleben. Sie alle hier im Saal haben das schon erlebt. Und jeder Politiker auch. Nur: Ob man sein Gewissen dem lieben GOTT oder der Vernunft unterwirft, das sei jedem selbst überlassen.

...

(Das nächtliche Gespräch, Regen, Nachhauseweg:)
- JEDENFALLS, LIEBE FREUNDIN! musst du wissen:
Ich hab schon lang auf mein Gewissen geschissen.
- Ich weiß.
- Kannst du dir das vorstellen, dass ich kein Gewissen habe?
- Aha.
- Na ja, das sage ich jetzt zumindest so. Ich stilisiere mich nämlich gern als Bösewicht. Wir alle stilisieren uns ja irgendwie. Und die Bösewichte sind da immer die reizvolleren.
- Nein, du stilisierst dich nicht. Du hast wirklich kein Gewissen.
- Wie bitte?
- Du bist wirklich das Böse.
- Was solln das jetzt?
- Wenn du könntest, würdest du machen, dass alle Menschen sterben. Oder nein: Du würdest machen, dass alle Menschen außer DIR sterben. Ich kenne dich.
- Warum sagst du sowas?
- Weils wahr ist!
- Spinnst du!?
- Du bist das Böse.
- Ich...

(kleine schwache Wurst: Ich.)

...

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